UBA: Erfassung morpho- und histopathologischer Effekte von Organozinnverbindungen auf marine Mollusken und Prüfung ihrer Verwendbarkeit für ein zukünftiges biologisches Effektmonitoring (UBA-Texte 46/98)
Zusammenfassung-
Der Einsatz von Organozinnverbindungen als Antifouling-Schiffsanstrich
und in anderen Anwendungsbereichen (Materialschutz in der Holz-
und Textilindustrie, als Stabilisatoren in der Kunststoffindustrie,
als Fungizid (Pilzgifte) und Molluskizid (Schnecken- und Weichtiergifte)
in Landwirtschaft und Gartenbau etc.) hat bei marinen weiblichen
Vorderkiemerschnecken (Prosobranchia) zahlreicher Arten zu Vermännlichungs-phänomenen
mit einer Sterilisierung im Endstadium geführt.
Vom 1.1.1994 bis 31.12.1995 wurde im Auftrag des BMU/UBA ein Forschungsvorhaben
zu Schädigungen von Meeresschnecken durch das hoch toxische Tributylzinn
(TBT) durchgeführt. Das Vorhaben gliederte sich in zwei Teilvorhaben
zu 1. den Schadstoffeffekten von TBT an Meeresschnecken und 2. den
Konzentrationen von Organozinnverbindungen in Nord- und Ostsee.
Das Ziel des Gesamtvorhabens war die Erarbeitung der Methodik für
ein integriertes Biologisches Effektmonitoring von Tributylzinneffekten
(TBT) in Nord- und Ostsee. Gleichzeitig wurde die TBT-Belastung
und der Grad der TBT-Effekte an Küstenstandorten von Nord- und Ostsee
kartiert, um Belastungsschwerpunkte zu erkennen und eine Ausgangsbasis
für zeitliches Trendmonitoring und gezielte Maßnahmen zu haben.
Das Ziel des Teilvorhabens 01 war die Prüfung von Meeresschnecken
an der deutschen Nord- und Ostseeküste hinsichtlich ihrer Verbreitung,
Häufigkeit, Fängigkeit und dem Auftreten von Geschlechtsveränderungen
auf eine Eignung für die Untersuchung von Organozinneffekten. Von
mehr als 120 anderen Schneckenarten ist bekannt, daß TBT als Substanz
mit endokriner und hormoneller Wirkung Veränderungen in den weiblichen
Geschlechtsorganen bis hin zur Ausbildung männlicher Geschlechtsorgane
bewirken kann. Im Vorhaben wurden die ausgewählten Arten daher auf
Veränderungen an den Geschlechtsorganen untersucht. Diese Veränderungen
wurden klassifiziert und zu den im Teilvorhaben 02 gemessenen Konzentrationen
von TBT in den Tieren, im Sediment und im Wasser in Beziehung gesetzt.
Das Ziel des Teilvorhabens 02 war die begleitende chemische Untersuchung
zum Vorkommen von Mono-, Di- und Tributylzinnverbindungen in Wasser,
Sediment und Schnecken an den Standorten, wo Meeresschnecken auf
die Effekte von TBT untersucht wurden. Auf der Basis der Untersuchungen
wurde ein Vorschlag für ein integriertes Biologisches Effektmonitoring
von TBT in Nord- und Ostsee entwickelt.
In 1994 und 1995 wurden 25 bzw. 29 Probennahmestellen entlang der
Nordseeküste (13 bzw. 17 Stellen) und Ostseeküste (12 Stellen) auf
TBT-Effekte bzw. Organozinnkonzentrationen untersucht. Bei den Probennahmestellen
handelte es sich sowohl um vermutlich höher belastete Hafenbereiche
als auch um vermutlich kaum belastete Küstenbereiche abseits der
Häfen (Naturschutzgebiete und Außendeichbereiche).